Wednesday, March 21, 2018

living archive

DCPs schneiden das Kino von der Geschichte ab. Als Ganzes, aber auch jeden Film für sich. Ein DCP presst den Film in eine einzige, fixierte Form, auf die sich hinfort alle berufen sollen. Das DCP leugnet dabei die eigene Historizität und auch die eigene Vergänglichkeit; denn schon dass es in zehn Jahren noch abspielbar sein wird, ist alles andere als gesichert und selbstverständlich wird es gerade bei den kanonisierten Klassikern, auf die sich die DCPisierung hauptsächlich beschränkt, irgendwann eine neue Abtastung geben müssen, die sich dann zwangsläufig an den künftigen Vorstellungen darüber orientieren wird, wie ein "historischer" Film auszusehen habe.

Im DCP maßt sich die Gegenwart die absolute Definitionsgewalt über die Vergangenheit an. Natürlich waren auch schon früher nachgezogene Kopien faktisch Neuinterpretationen, insbesondere dann, wenn sie mit einen Wechsel des Trägermaterials (Nitrat>Azetat; Azetat>Polyester etc) einhergingen. Aber es blieb stets ein Moment der Kontingenz: Der Film wird dem Trägermaterial anvertraut, und bereits im Moment seiner Umkopierung wieder der Geschichte übergeben, die sich sofort ans Werk macht und die bloße Kopie in ein materielles Artefakt verwandelt. Das entscheidende am Filmkorn ist nicht seine Textur, sondern die nichthintergehbare Kontingenz, auf die es verweist.

Dass dies selbst noch bei Filmen gilt, die digital restauriert und erst anschließend wieder analog ausbelichtet wurden, zeigen die vier Celestial-Restaurationen, die im Rahmen der Hongong-Reihe im Arsenal zu sehen waren. Die Unschärfen in Come Drink With Me und Intimate Confessions of a Chinese Courtisan, die Rückeroberung der digitalen Patina durch analoge Artefakte in The Love Eterne, die im Vergleich dazu noch vergleichsweise versiegelt anmutenden Oberflächen von Golden Swallow - die Filme bleiben dank ihres Trägermaterials (und noch genauer, durch den Akt der Projektion dieses Trägermaterials) Teil einer differentiellen Geschichte der Bilder und Zeichen, anstatt in der ewigen (und darin freilich trügerischen) Gegenwart des digitalen Archivs zu verenden.

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