Thursday, April 13, 2017

Besonders Wertlos 19: Versuchung im Sommerwind, Rolf Thiele, 1972

Der Professor bittet, weil er selbst verhindert ist, drei Hausmusikfreunde, seine Frau und seine vorlaute Tochter ("bin ich frühreif?") auf einen Bootstrip zu begleiten. Während er selbst seine Dienstagsaffaire (Christiane Hörbiger!) pflegt, soll die Gattin (Yvonne Furneaux!) durch einen dreifachen menschlichen Keuschheitsgürtel vor Zudringlichkeiten und Versuchungen bewahrt werden. Zumindest behauptet der schluffige, aber auch verschmitzte Professor, dass das der Plan ist. Man darf durchaus vermuten, dass er insgeheim weiß, was er da tatsächlich tut: Er arrangiert eine erotische Mise-en-scene. Nicht zufällig besetzt Rolf Thiele die Rolle des Professors mit Helmut Käutner. Wenn die Reise los geht, verschwindet der Professor weitgehend aus dem Film, telefoniert aber gelegentlich in ihn hinein, um als hintergründige schmierige Präsenz den korrekten Lauf der Dinge zu gewährleisten.

Gäbe es die Autorentheorie noch nicht, man müsste sie für Versuchung im Sommerwind erfinden. Die Prämisse ist recht schwachsinnig, die Besetzung insbesondere der drei Hausmusiker nicht unbedingt überinspiriert, und der Dialog"witz" hat (vorsichtig ausgedrückt) einen stählernen Beigeschmack. Ein ganz später Nachzügler von Papas Kino, könnte man meinen. Trotzdem hat man stets das Gefühl, dass Thiele genau den Film gedreht hat, den er drehen wollte: Versuchung im Sommerwind ist eine weitgehend relaxte Abhandlung über Männer und Frauen, Jugend und Alter, Bindung und Freiheit; außerdem eine erotomane visuelle Abhandlung über Weib und Wasser. Yvonne Furneaux ist ein Wesen des Meeres, in Thieles Montage wird sie mal von Wellen gestreichelt, mal im Ozean gebettet. Die drei Hausmusiker verfallen ihr natürlich alle (als letzter der Novalis zitierende Schweizer) - sie gönnt jedem eine Nacht, und versieht dabei jeden der drei Körper mit einem Erkennungszeichen: einer Kratzspur auf der Schulter.

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