Sunday, November 30, 2014

Interstella L.

When rewatching Interstellar (in 70mm) I realized just how much I like the idea of Jessica Chastain saving and Anne Hathaway building a new home for humanity. This star system double bind suddenly reminded me of a film from a completely different place and time: Mike de Leon's Sister Stella L. Of course it's not very likely that the Nolan brothers have seen this masterpiece of Philippine cinema, but who knows? And: who cares? Film history always has been some kind of a tesseract (luckily a much less claustrophobic one than the one in Interstallar, though). So it's completely all right when discussing Interstellar to brush 2001 aside and concentrate on Sister Stella L. To put it another way: I think that all the things I dislike about Interstellar might be traced back to Kubrick; and most of the things I did like about it might be traced back to de Leon and his work with Laurice Guillen and (especially) Vilma Santos, two famous actresses who are transformed, in Sister Stella L., into catalysts of the Philippine social revolution of the 1980s. Hathaway's face is framed and isolated by her space suit in the same way as her nuns' dress framed and isolated Santos' face in the earlier film. Both films are first and foremost melodramas - and as such they are radicalizations of Deleuze's chapter on the affection image. If "the affection-image is the close-up, and the close-up is the face", than the space suit / the nuns' dress are close ups in / on the close up. (And don't forget about Chastain, especially her first appearance on the screen in the space ship. But do forget, immediately, about Matthew McConaughey, who is the biggest disappointment of the film; when rewatching I realized why I couldn't take him seriously even for a minute: when he wears the space suit, it doesn't transform him into an affection-image, but into Michael Schumacher.)






Saturday, November 22, 2014

Aufruhr des Blutes, Victor Trivas, 1929

Aus der Stadt, die sie mit kalauernden Zwischentiteln und einer city-symphony-Montage verjagt, verschwinden die drei Männer schon in der ersten Szenen. Auf dem Weg in die Natur, zu dritt im Cabrio, sammeln sie zunächst eine Vogelscheuche ein, die den Film später gestisch kommentieren wird. Die Natur beruhigt das frenetische Tempo des Schnitts nicht etwa, auch die kalauernden Zwischentitel melden sich weiterhin zu Wort. Als die drei bald darauf ein Zelt aufbauen, wird dessen weiße Plane kurz leinwandfüllend und also selbst zur Leinwand.

Ein wenig später (es ist inzwischen eine Frau aufgetaucht) zeichnet sich auf dieser Zeltleinwand, diesem gleichzeitigen Dispositiv von Kino und Häuslichkeit, eine Schattenszene ab, die von den vor dem Zelt Verbleibenden beobachtet wird und deshalb das Drama erst richtig in Gang setzt. Das Zelt setzt einen Anker, einen Fixpunkt in die Natur, um den sich dann eine Filmhandlung organisiert.

Und dann die Frau; in gewisser Weise ist sie ein zweiter Anker, der in die Natur geworfen wird und den Film zentriert. Nur, dass die Frau eben nicht wie ein Zelt gleichzeitig von den Männern verankert wird. Der Film gewinnt auf ihre psychischen Kosten an Konturen. Erst das Auftauchen der Frau verwandelt die drei vorher kaum differenzierten, gemeinsam durch die Wiesen tollenden, mit den Tieren im Teich badenden Männer in Individuen. Tatsächlich sorgt direkt ihr Auftritt dafür. Drei Arten, auf das Auftauchen einer Frau zu reagieren: Einer creept im Schatten (Frau als Geheimnis), einer macht sich gleich, ohne Umschweife an sie heran (Frau als Intimität), einer ruft erfreut: "Hurra, ein Weib!" (Frau als Ereignis).

Monday, November 17, 2014

Taking a Chance on Karlson (5)

Kid Galahad, 1962

Kid Galahad (auch den wieder gesehen in einer umwerfenden, makellosen Kopie) könnte man als eine interessante Variation auf Karlsons urban-crime-Filme der 1950er auffassen, als ein mountain noir, der das ethnisch markierte, nur äußerlich hartgekochte, sich schnell als instabil erweisende Personal der alten Filme einfach nur aus New York City nach New York State verfrachtet, ins wunderbar grüne Cream Valley, wo sich dann eine Art outdoor-Kammerspiel entfaltet: Auch in den 1960ern versteht es Karlson noch, jede Art von Raum wie eine Bühne zu dramatisieren.

Ganz und gar nicht passt allerdings in einen solchen Blick auf den Film: sein Hauptdarsteller, Elvis Presley. Elvis streamlined den Film einerseits, weil sein Inneres nicht im selben Maße instabil sein kann (schon deshalb vielleicht nicht, weil es sich regelmäßig in Gesangseinlagen nach Außen kehrt) und weil diese eine Konstante auch dem Film als Ganzem Freiheitsgrade nimmt. Andererseits kristallisiert sich in dem Sänger, beziehungsweise im begehrenden Blick, den Joan Blackman (mit dem Film) auf den bei der Autoreparatur schwitzenden Elvis (die Erotik von Schweißflecken unter der Achsel) wirft, auch die spezifische sexuelle Modernität des Films.

Elvis spielt Walter Gulick, ein Mann, der aus dem Nichts (bzw aus dem Krieg) kommt, und der nur eine Fähigkeit hat: Sich die Fresse einschlagen zu lassen, ohne dabei umzukippen. Also kein Film über agency (auch die Liebesgeschichte setzt, siehe oben, die Frau in Gang), sondern über maskuline Nehmerqualitäten: Schläge annehmen lernen, Blicke annehmen lernen.

Sunday, November 09, 2014

Taking a Chance on Karlson (4)

A Time for Killing, 1967
Adventures in Silverado, 1948
The Phenix City Story, 1955
Walking Tall, 1973

Vielleicht die großartigste Karlson-Szene, die ich bisher gesehen habe (und die eventuell gar nicht von Karlson, sondern von Roger Corman inszeniert wurde; well, auteurism ist ein hartes Brot): Entflohene Südstaatensoldaten (allesamt ausgesucht rugged) haben eine Frau (Inger Stevens, ausgesucht blond) als Geisel genommen, und sind mit ihr auf dem Weg in Richtung Mexiko; oder vielleicht auch nicht, aber so weit ist die Geschichte (bzw: die innere und äußere Verwüstung, als die die Geschichte sich bald herausstellt) zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Alles ist Staub, aber im Staub fließt ein winziger Bach. Während im Hintergrund die Soldaten niederkauernd Wasser trinken, kühlt Stevens im Vordergrund ihren Oberkörper, stehend, die halb geöffnete Bluse der Kamera entgegen gereckt. Großartige Scopekomposition - aber auch eine unerträgliche Spannung, die das Bild, der Film, die Soldaten nicht lange aushalten. Der Boss der Ausbrecher (George Hamilton) möchte sich der Frau nähern, doch er wird abgelenkt von zwei anderen, die damit beginnen, sich gegenseitig in die Fresse zu hauen und mit Staub zu bewerfen. Einfach, weil da eine Frau ist, die sich mit Wasser bespritzt.

A Time for Killing ist in allem sehr hart, und also auch darin, wie er im weiteren mit dieser in der großartigen Staubszene direkt in die Mise-en-Scene eingetragenen sexuellen Spannung umgeht. Vor allem vollzieht er den wohl konsequentesten (wenn auch sicher nicht: den komplexesten) drift von Ordnung zu Chaos, den ich bisher in Karlsonfilmen gesehen habe: Ein militärisches, hierarchisches, offensichtlich vor allem bürgerliche Werte verteidigendes Kontrollregime desintegriert ins absolute, staaten-, fast schon konturlose Wüsten-Nichts hinein (außerdem, wenn man das historische Setting ernst nimmt: in einen Krieg nach dem Krieg, in einen Krieg endgültig ohne Grund). Zyniker werden sagen: Das liegt auch daran, dass das Drehbuch nichts taugt, daran, dass der Film nicht in der Lage ist, die Handlungen der Figuren auch nur halbwegs zu plausibilisieren. Das stimmt schon, irgendwie, gerade die Anfangs angedeutete politische Dimension materialisiert sich nie in einer auch nur halbwegs stringenten Weise. Nur entspricht die Art, wie die Figuren jeglichen inneren Halt verlieren, exakt der Art, wie der Film selbst seine Anfangs streng gezeichneten, regelrecht eingezäunten Konturen auslöscht.

Toll auch wieder einmal, was Karlsons Großaufnahmen mit den Gesichtern machen. Karlsons Geheimwaffe ist diesmal ein völlig enthemmter Max Baer Jr., der wild kichernd durch die Gegend rennt, von nichts als dem stumpfesten Blutdurst angetrieben. In den Großaufnahmen wirkt es so, als hätte ihm das enge framing gleich das Gehirn mit abgeschnitten. Paul Petersen hat eine tolle kleine Rolle, läuft andauernd mit Trompete in der Hand durch die Gegend, erhält eine rührende Stebeszene. Laut Castliste rennt auch Harrison Ford mindestens einmal durchs Bild, irgendwo.

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Adventures in Silverado ist deutlich menschenfreundlicher und auf andere Weise chaotisch: ein linker, wenn auch eher sozialdemokratischer, als sozialistischer Western, der ohne offensichtlichen Grund von einem innerdiegetisch präsenten, aber beschäftigungslosen Robert Louis Stevenson (Edgar Barrier) erzählt wird, mit der Ankunft eines geheimnisvollen Fremden in Silverado ansetzt, dann aber schnell auf eine Robin-Hood-Paraphrase um einen Räuber im Mönchskostüm umschwenkt, zwischendurch Zeit für mehrere Postkutschenrennen findet, schließlich als deus ex machina ausgerechnet den lokalen Großindustriellen aus dem Hut zaubert. Das alles in gerade einmal 75 Minuten, eigentlich gute Vorzeichen. William Bishop, der Hauptdarsteller, ist allerdings kein allzu interessanter Schauspieler, dass er die kesse Blondine, die ihm schon beim ersten Blickwechsel haushoch überlegen ist, domestizieren darf, gönnt man ihm ganz und gar nicht. Jedenfalls hat mir am Film eher die Ambition als die Ausführung gefallen.

Aber tolle Stunts, teils von den Akteuren selbst ausgeführt. Wo gibt es heute noch (außerhalb Asiens) Darsteller, denen man auch nur vorschlagen dürfte, eine kontinuierliche Einstellung zu drehen, in der sie, während sie sich prügeln, gemeinsam vom Dach einer Postkutsche fallen, um sich dann am Boden liegend weiter zu vermöbeln? (Grundsätzlich schon mehr als okay, dass es so etwas - und erst recht die wilden Tierstunts dieser Jahre - nicht mehr gibt, schon klar; aber der Zugewinn an Zivilisation ist ein Verlust fürs Kino, da kann man nichts machen).

(Großartig dagegen, aber sich meinen Schreibversuchen noch komplett entwindend: Gunman's Walk, ein wunderbarer, ödipaler Scope-Western.)

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Noch eine tolle Karlson-Szene: Ein rechtschaffener Anwalt und Kämpfer gegen den Sündenpful der 14. Street inmitten seiner Heimatstadt (Richard Kiley) spricht zu den vor ihm versammelten anderen verbliebenen rechtschaffenen Bürgern, es geht darum, endlich gegen die Terrorherrschaft des Mobs aufzubegehren. Schließlich holt er ein Telefon und ruft in Washington an (den Attorney General vermutlich); er hält den Hörer in die Luft und fordert seine Zuhörer auf, gemeinsam fernmündlich um staatliche Unterstützung im Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu bitten. Der vorbildlich demokratische Mob kommt seiner Bitte nach - und so rekonstruiert sich dank des Telefonhörers wieder das politische Dispositiv der Agora. "Ab morgen", ruft Kiley dann den Zuhörern zu "herrscht Militärrecht in Phenix City". Die Antwort (ebenfalls bis nach Washington übertragen): Jubel.

The Phenix City Story überträgt die privateren Verwüstungen (das Wort beschreibt einiges an Karlson, glaube ich) von Kansas City Confidential und 99 River Street auf die Ebene der Gemeinschaft. Der Zusammenhang zwischen Ordnung und Chaos (beides bleibt auch in den früheren Filmen eng gekoppelt, dem Chaos mag alle poetische und auteuristische Sympathie gehören, aber alleine kann es keine Welt hervorbringen, das zeigt sich besonders deutlich in A Time for Killing) wird deutlicher ausformuliert als in den früheren Filmen, zu Beispiel in einer frühen Montagesequenz, die zeigt, wie die Verbrechersyndikate Chaos fließbandmäßig, arbeitsteilig herzustellen in der Lage sind (ebenso, wie sie später in der Lage sind, den eigentlich solide prozedural strukturierten Film mit rabiaten Gewaltschüben aus dem Gleichgewicht zu bringen). Dazu passend die aufwändige, dokumentarische Rahmung, in die die Fiktion in Form eines Raum und Zeit transformierenden Tanzes einbricht.

Die politische Differenz zwischen Gunman's Walk und Walking Tall ist für mich nicht so eindeutig, wie Dave Kehr sie darstellt. Sicherlich gibt es in Gunman's Walk ein Restvertrauen in Institutionen, das dem späteren Film komplett abhanden gekommen ist. Aber die unbedingte und alternativlose Personalisierung politischer Macht, auf die Walking Tall statt dessen setzt, lässt gleichzeitig die Kosten nachvollziehen, die eine zivilisatorische Befriedung der Gesellschaft (im puritanischen Sinne) nach sich zieht. Kiley kann, eben weil er im Rahmen der Institutionen agiert, den wohlwollenden Faschismus ausrufen und gleichzeitig Mensch bleiben, Joe Don Baker verwandelt sich dagegen in ein bandagiertes Monstrum.

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Karlsons Filme erkennen gesellschaftlich wirkmächtige Differenzen an, anstatt sie zu verleugnen. Der gegenwärtigen, dank Bechdel-Test und ähnlichen Unsinn mehr denn je in den Kurzschlüssen der politics of represetation verfangenen Kritik können die Filme kaum anders denn reaktionär vorkommen. Dabei sind sie, gerade was etnische und Klassendifferenz angeht, erstaunlich klarsichtig (und, besonders deutlich in Gunman's Walk, komplett nostalgiefrei). Bei der Geschlechterdifferenz ist die Betonung der Differenz dennoch problematisch, weil Karlson sie gleichzeitig als Antriebskraft seiner fast stets mindestens auch melodramatisch gefärbten Plots nutzt (nutzen muss).

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Zigaretten, Pfeifen, Zigarren sind überall. Vor allem Szenen, in denen Zigaretten, Pfeifen und Zigarren angezündet werden. Regelrecht zelebriert wird das, in The Brigand (Zigarren an Kerzen anzünden), The Phenix City Story (ein grell aufflammendes Streichholz), in The Big Cat (ein Streichholz zum Pfeifenanzünden, das fast einen Waldbrand auslöst. (Wenig wird in der Kinemathek vor die Tür getreten um zu rauchen; und, für mich wichtiger, in dem eh etwas enttäuschenden Restaurant wird kaum an der Bar Espresso getrunken. Hm. toll ist dagegen ein Cafe auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das sich rhythmisch füllt und wieder leert, vermutlich gemäß des Spielplans im Salle Henri Langlois.)

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Waffen sind natürlich auch überall. Manchmal feuern sie in die falsche Richtung.

Saturday, November 08, 2014

Taking a Chance on Karlson (3)

Keiner der beiden Matt-Helm-Filme, die Karlson in den 1960ern gedreht hat, ist wirklich leicht zu ertragen. Bond-Parodien mit Dean Martin als Macho-Spezialagent und jeder Menge weiblicher Staffage, die sich durch erstaunliche Einfallslosigkeit auszeichnen. Schon jeder für sich (Matt Helm wird jeweils nur mit zwei gadgets ausgestattet, die er dafür aber ad nauseum einsetzen muss), erst recht in Serie geschaltet: Nicht nur die Struktur der Erzählung, auch einzelne szenische Einfälle wiederholen sich eins zu eins; so zum Beispiel die Kleiderspur, die Dean Martin zur bettfertigen Frau führt - oder der Dolch in der Hand der bettfertigen Frau.

The Wrecking Crew, der zweite (und insgesamt vierte der Serie), ist auf den ersten Blick noch liebloser und schludriger zusammengehauen als The Silencers, der erste; dass er mir am Ende doch ein wenig besser gefallen hat, liegt gerade daran: Dass er das große Ganze gar nicht mehr im Blick behält und sich ganz in eine Serie meist natürlich lediglich doof alberner, manchmal aber auch sanft verstörender set pieces auflöst. Zum Beispiel, wenn eine der Gespielinnen Matt Helm erst ausführlich ihre Garderobe vorstellt, dabei von jeweils unterschiedlichfarbigem Licht beleuchtet, um dann plötzlich ohne Vorwarnung in die Luft gesprengt zu werden.

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Angeblich wollte Karlson den parodistischen Stil, der sich in den Matt-Helm-Filmen als ziemlicher Rohrkrepierer erweist, schon in The Secret Ways austesten. Richard Widmark, der Hauptdarsteller und Produzent, hat das angeblich verhindert und Teile des Films selbst gedreht. Vielleicht ist da gerade alles falsch gelaufen: Der in seinen Agentenfilmen nicht einmal live in der Szene, sondern stets aus dem Off in die Szene hinein singende Dean Martin hätte etwas mehr Erdung, der schwerfällig gewordene, im stählerndsten Bogartmodus herummelancholisierende Widmark deutlich mehr Leichtigkeit, oder wenigstens Spannkraft vertragen. (Immerhin toll: das Blockbusterfinale; auch Senta Berger in einer kleinen Rolle ist super)

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Physiognomien: Ina Balins träge Unterlippe in The Young Doctors; Sharon Tates insbesondere in den Autofahrten starr nach vorn gerichtetes, maskenhaftes Gesicht in The Wrecking Crew. Die B-Movie-Gesichter und Stirnlocken von John Payne und Joe Don Baker.

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Dann wieder ein Wahnsinnsfilm (und auch: ein Wahnsinnsgesichterfilm): Kansas City Confidential. Der beginnt als Großstadtnoir von ziemlich abstrakter Brutalität: Die Crew, die den Raubüberfall ausführen soll, ergibt sich nicht aus gemeinsamen Vergangenheiten: statt dessen wird einfach nur eine Liste abgearbeitet. Und die Gesichter sind von Anfang an maskiert, nicht erst, wie in Walking Tall, ganz am Ende. Dann beginnt der Film noch einmal völlig neu, in einem Hotel in Mexiko. Die Masken sind gefallen, der Film hat sich gründlich entspannt und wird fast von Donna Drake als vitaler Souvenirsverkäuferin (die einen Einheitspreis von 11 Dollar für alles durchzusetzen versucht) übernommen.

Die Gangster entspannen in Mexiko. Das kann nicht gut gehen auf die Dauer. Ohne, dass man so recht merkt wie, schleicht sich die Brutalität wieder in den Film; und auch die Abstraktion: Masken braucht es gar nicht mehr, die Gesichter werden selbst maskenhaft. Zu ihrer Umgebung haben die Gesichter kein Verhältnis (Mexiko geht sie nichts an). Deshalb werden sie absolut gesetzt und aufeinander gehetzt. Gesicht trifft auf Gesicht, die Nähe ist offensichtlich ungesund, man meint es fast Knirschen zu hören zwischen den Einstellungen. Intensivere Großaufnahmen habe ich selten gesehen im Kino, die Gesichter drohen in jedem Moment, entweder die Grenzen der Leinwand zu sprengen, oder ganz im Gegenteil zu implodieren.

Auf den ersten Blick ist der Film aufgeräumter als der ein Jahr später entstandene 99 River Street. Dennoch ist auch schon Kansas City Confidential ein Film über das Chaos. Es gibt, immerhin, ein klar definiertes Interesse, das alle Figuren teilen; und vor allem gibt es, sobald der Film nach Mexiko sich verlagert, eigentlich keine Welt mehr, in die hinein sich das Chaos verbreiten könnte. Stattdessen bleibt es bottled up, in den Gesichtern, in den Großaufnahmen.

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Gibt es etwas in den Filmen, das sich ihrem offensichtlichen Hang zum Sexismus entgegen stellt (der tatsächlich eher ein deshalb freilich umso deprimierenderer drift zu sein scheint, als eine bewusste Setzung)? Wenn es etwas gibt, dann hat es mit Frauenfiguren wie Peggy Ann Garner in The Big Cat oder Helen Foster in Kansas City Confidential zu tun, mit der Art, wie sie sich in die jeweiligen Helden verlieben: sie fallen nicht "in love", sondern fassen sehr bewusst Entschlüsse, die dann mit eiserner Willensstärke (und ohne jegliche Rücksichtsnahme auf Einwilligung oder auch nur Eigenschaften der prospektiven Partner) durchgezogen werden.

Friday, November 07, 2014

Taking a Chance on Karlson (2)

The Big Cat, 1949
The Brigand, 1952
Behind the Mask, 1946

"It's 1933... 1933... It's been a long time since I first looked down at this valley in southern Utah and said to myself: 'Tom Eggers, this sure is a pretty country, ain't it? How'd you like to live here, have your own place where there's plenty of gold and trout in the streams and lots of dear in the hills? Forget all your worries, raise your own food and be your own boss.' 25 years ago I made up my mind I'd make this place my home. Find a wife, raise a family. Maybe a son. But in a few years things changed. Nature had given us a lot, but gradually she began to take it away. The cool rains became hot dry winds, Now, they have a draught (?), a depression. But like the fellow said, there's some good in everything. I wouldn't be happy anywhere else. I love this country, and I'm gonna stick it out till things get better, even if all I have to live on is the bounty you get for killing - the big cat."

Auch wenn der Film vorderhand eine klar umrissene Geschichte erzählt, mit gerade einmal acht Schauspielern, die sich früh im Film alle gemeinsam zum Gottesdienst unter freiem Himmel versammeln, und sich auch sonst andauernd in derselben Einstellung über den Weg laufen (links ein See, im Vordergrund ein abschüssiger, im Hintergrund ein ansteigender, nur mühsam begehrbarer Hang; auch insgesamt sehr interessant, wie es Karlson gelingt, einen Freiluft-Abenteuerfilm zum Kammerspiel umzumünzen), ist es doch nicht so, dass dieser sonderbare Eröffnungsmonolog später in irgendeine Richtung vereindeutigt wird.

Tatsächlich hat Tom Eggers (aus dessen Perspektive der Film allerdings sowieso, dem Monolog zum Trotz, nicht erzählt ist) bis zu (seinem) Schluss etwas Geworfenes an sich; Er gehört kaum mehr in diese bergig-rauhe Landschaft (die mit einem einzigen, unvorsichtigen Streichholzwurf abgefackelt werden könnte) als der junge Neuankömmling mit Koffer und Krawatte, der zu Beginn auftaucht und die Sache in Gang setzt, sich bei ihm einnistet. Die "big cat" wiederum ist zwar offensichtlich super trainiert, alle Tierstunts sind, wie schon in Black Gold, fantastisch, aber ihre Rolle im Film bleibt trotzdem obskur. Klar ist sie formal ein Katalysator, und am Ende kommt tatsächlich romantische Liebe heraus - nur hat man das Gefühl, dass dieser Ausgang im Ausgangsmaterial gar nicht angelegt war, (Überhaupt: Ein unheim(at)licher Heimatfilm durch und durch, ein Film voller geblockter Libido, voller Männer, die zusammenzucken, wenn sie Frauennamen hören, ohne sich auch nur selbst so recht erklären zu können, warum; fast eine transatlantische Vorahnung der Herbstromanze...)

Es gibt allerdings (anders auch als in der Herbstromanze) eine Figur, die nicht mitmacht beim Neurosenballett: Die Tochter des Pfarrers. Die hat gleich in ihrer ersten Szenee einen tollen Auftritt: Sie sitzt auf dem Gatter vor dem Haus und pfeift (eine sich ständig wiederholende, auch von anderen Figuren aufgegriffene Melodie), und sieht, dass ihr Vater in einer Kutsche zurückkehrt. Sie springt zu Boden und läuft auf den Vater, auch auf die Kamera zu, mit einem resolut bis fast schon brutalen, jedenfalls enorm selbstbewussten Hüftschwung. Ganz eindeutig ist Karlsons Kino eines des Laufens. Sie beschließt dann auf Anhieb, und ohne ihn auch nur gesehen zu haben, dass sie sich in den krawattentragenden Neuankömmling zu verlieben hat, komme was da wolle. Und diese selbstbeschlossene, nicht ein bisschen auf Erwiderung angewiesene Liebe fegt alles andere weg in diesem kleinen, weirden, tollen Film - mit einem echten (nehme ich zumindest an) Ferronibrigadenmoment, wenn ein Rascheln in den Büschen zum Ärger der Jäger nicht die "big cat" ankündigt, sondern einen gemächlich durchs Bild trabenden Esel.

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Kurz einen TV-Rip von Black Gold öffnen, auf der Suche nach den elusiven, und tatsächlich wenig lebendigen Grüntönen; dafür dann gleich eine fast schon wieder vergessene Lieblingsszene finden: der Indianer und der Chinesenjunge finden aus dem Staub zum Wasser.


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Es kann nicht nur Volltreffer geben: The Brigand, eine Dumas-Verfilmung, die zum Beispiel unter Fredas Regie ein Meisterwerk hätte werden können, interessiert mich, einigen schönen Mise-en-Scene-Details und einem selbst fürs Genre besonders augenfälligen schwulen Subtext zum Trotz, weitgehend nicht. Witze über mechanische Hofetikette nerven schnell, wenn sie zu ihrere eigenen Mechanizität kein Verhältnis finden.

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Wunderbar dagegen Behind the Mask. Ich habe schon länger den Verdacht, dass die unzähligen, an Motiven der Pulpliteratur angelehnten B-Movie-Filmserien (und serials) der Vierziger und Fünfziger um Charlie Chan, Dick Tracy und so weiter zu den größten, von der Cinephilie, die mich interessiert ungehobenen Schätzen des amerikanischen Kinos zählen dürften. Selbst überprüft habe ich den Verdacht noch kaum. Vielleicht beginne ich demnächst mit den diversen "Shadow"-Variationen; denn Behind the Mask, von Karlson mit einiger formaler Ambition in Szene gesetzt, entpuppt sich als eine berückende Mischung aus Feuillade-Tropen (Treppen-, Fensterkaskaden usw; vor allem aber die sich multiplizierende Schatten als ziemlich buchstäbliche Verkörperung einer Verschwörung ohne Inhalt), Louis-de-Funes-artigen Blödeleien und dann aber doch auch einem sehr amerikanischen Gespür für Ökonomie.

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Noch ein wenig nachdenken muss ich über Walking Tall. Wtf jedenfalls.

Taking a Chance on Karlson (1)

Black Gold, 1947
99 River Street, 1953
The Young Doctors, 1961

Taking a chance on Karlson: Den Anlass gibt eine Retrospektive (wohl sogar: die erste halbwegs vollständige weltweit) in der Cinematheque Francaise. Gleich der Zustand der ersten Kopie gibt dem Unterfangen Recht: Wenn es den ursprünglich im eher obskuren Farbverfahren Cinecolor (das angeblich schlecht geeignet ist für Grüntöne und deshalb oft für Western zum Einsatz kam; in diesem Fall für einen gelegentlich ölverschmierten Western) gedrehten Black Gold wirklich nur noch in dieser schrundigen 16mm-schwarz-weiß-Reduktionskopie gibt, wird es höchste Zeit, Karlson wenigstens noch einmal eine Chance zu geben, solange das noch unter halbwegs adäquaten Bedingungen möglich ist. Dass der Zustand der Kopie mich nur in den ersten paar Minuten gestört hat, ist gleich noch eine Bestätigung: Karlson hat die Chance, die ihm die Cinematheque Francais gibt, nicht nur verdient; er nimmt sie sich regelrecht.

Der Film beginnt in einem staubigen Nirgendwo, das doch immerhin schon Amerika ist und deshalb gestaltet werden kann. Davey, ein chinesischstämmiger, aber in Amerika aufgewachsener Junge hat seinen noch ausschließlich chinesisch sprechenden Vater aus Mexiko (?) nachgeholt und freut sich jetzt selbst über dessen Schimpftiraden, weil er vorher gar keinen Vater gehabt hatte. Ohne viel Aufhebens wird der Vater dann allerdings von Banditen abgeknallt, der Sohn entkommt zufällig. Die Rachegeschichte, die vorgezeichnet scheint, materialisiert sich nie (oder genauer: erledigt sich ohne Zutun der Hauptfiguren offscreen), stattdessen wird der Junge von einem Indianer aufgegabelt. Der wird von Anthony Quinn gespielt, was man von heute aus kurz obszön finden kann; Quinns Spiel ist dann aber in höchstem Grad rührend.

Quinn radebrecht und stolpert sich durch den Film, vor allem Letzteres, seine erratische Art der Fortbewegung, der jeder Schritt ein neues Abenteuer ist, nimmt der Film als eigene Attraktion (und er verleiht ihr tatsächlich eine gewisse rauhbeinige Loser-Eleganz; was eh die einzige Art von Eleganz ist, mit der sich Karlson wohlzufühlen scheint: auf die Fresse bekommen und die Schläge nicht blasiert, aber mit Haltung wegstecken). Das schönste Laufbild bereitet das Wiedersehen mit seiner Frau vor: Während sie sich im Vorgarten des gemeinsamen Hauses (einer Hütte, aus purer Willenskraft in die auf diese kommende Familiengesellschaft nicht vorbereitete Welt gestellt) an irgendwas zu schaffen macht, läuft er irgendwie diagonal (man müsste die Einstellung kartografieren) auf die Tür zu; nicht wirklich hinter ihrem Rücken und es bleibt sowohl unklar, ob er sie überraschen will, als auch, ob sie faktisch überrascht ist, außerdem auch ob einer von beiden oder gleich beide ein einstudiertes, vielleicht für den Neuankömmling aufgeführtes Spiel spielen.

Die Frau, ebenfalls eine unindianisch, aber rührend verkörperte Indianerin (Katherine DeMille) ist eine mindestens so große Attraktion, wobei sich bei ihr alles (was ist das „alles“? Vielleicht: das Amerika-Werden) im Gesicht abspielt. Gleich mehrere Szenen enden mit Großaufnahmen ihres Gesichts, das umso weniger lesbar wird, je mehr in es mimisch eingetragen wird. (Mimik als Spezialeffekt: Das wäre ein erster auteuristischer Topos bei Karlson). Als ihr Mann schließlich stirbt, meint sie, jetzt wünsche sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben, eine weiße Frau zu sein, weil sie dann weinen könnte. Aber hätte sie dann noch eine ähnliche Bandbreite des Ausdrucks zur Verfügung? Vielleicht sind ihre mimischen Extravaganzen genau etwas, was sie tut, anstatt zu weinen.

Ebenfalls unbestimmbar bleiben die Regeln der Ehe; offensichtlich kopieren die beiden das Äußere der „weißen“ Kleinfamilie, bis hin zu lustig naivem Wandschmuck, aber die Differenz bleibt; und es ist doch gleichzeitig nicht einfach so, dass beide unter dieser Differenz leiden, bzw dass sie als die Häußliche, Assimiliertere drängen und er als der noch nicht ganz Seßhafte nachgeben würde. Man muss leider sagen, dass der chinesische Neuankömmling neben diesem Paar ein wenig blass bleibt; bzw: seine schönsten Szenen hat er außerhalb der Familie alleine, oder alleine mit seinem Pferd, auf das sich die Aufmerksamkeit des Films immer stärker ablenkt.

Denn während die Indianer-und-Chinesenfamilie durch einen Ölfund, der sich seinerseits auf eher nonchalante Art in den Film, schließlich als Bohrturm in die Mise-en-scene schleicht, reich wird, übernimmt heimlich ein zweiter Film, der von Tieren handelt (ein unter B-Movie-Bedingungen erzählter, deshalb andauernd narrativ eskalierender Film; es ist nicht so, dass sich die Ereignisse ausgestellt "überschlagen", es passiert einfach an allen Ecken und Enden etwas, als sei das ganz normal so): Ein schwarzes Pferd, das vom jungen Chinesen äußerst vorsichtig gebürstet wird und früh im Film ein Rennen gewinnt, gebirt später (in einer tollen Szene) ein zweites schwarzes Pferd, das ebenfalls zum Rennpferd ausgebildet wird, wobei ihm immer wieder ein weißer Ziegenbock in die Quere kommt.


99 River Street, der zweite Film. Einer der härtesten noirs, die ich kenne, und auch, das stellt sich schnell heraus: ein Meisterwerk (und diesmal: was für eine wunderbare Kopie!). Gleich am Anfang ein Boxkampf, nicht wirklich eine Bewegungsstudie, eher eine Serie von Volltreffern (Faust auf Gesicht, und zwar so perfekt geframet, als hätte das Gesicht jedesmal einen Platz für die Faust freigehalten). Danach schaut sich einer der Boxer, derjenige, der den Kampf wegen einer Verletzung aufgeben musste, seine Niederlage in Zeitlupe im Fernsehen an. Was das mit ihm macht, ist wieder gar nicht so einfach zu sagen (überhaupt: verdammt komplizierte geradlinige B-Filme sind das...). Am ehesten könnte man vielleicht sagen: Er dichtet seine tumb-brutale Dummheit gegen alle Außeneinflüsse ab, ab sofort (also: von Anfang ein) ist er die fleischgewordene, mit sich selbst kurzgeschlossene, reiner, stupide Aggression.

Wieder wird eine falsche Fährte gelegt: Noch ein weiteres Mal möchte er, trotz seiner Verletzung und gegen den ärztlichen Ratschlag, im Ring antreten. Das wird nie passieren, nicht einmal erste Schritte unternimmt er in diese Richtung. Statt dessen findet er heraus, dass seine Frau ihn betrügt, gerät anschließend, weil der Nebenbuhler ein (ihm selbst außerordentlich ähnlich sehender) Krimineller ist, in eine Gangstergeschichte, außerdem wird ihm die Aufmerksamkeit einer weiteren Frau förmlich aufgedrängt (von ihr selbst wie vom Film, von der Kamera, die ihr Gesicht in einer obszön-abstrusen Großaufnahme abtastet; jedenfalls entsteht diese neue Beziehung aus nichts als Lüge und Gewalt, beziehungsweise eben auch noch: erlogener Gewalt).

Der Film schlägt einen Haken nach dem anderen, und bremst sich, trotz einer ansonsten atemberaubenden Geschwindigkeit (die es ihm zum Beispiel ermöglicht, die eigentlich schon nach einigen aufreizenden, wie aus dem Modemagazin ausgesucht wirkenden Posen schon nicht mehr benötigte Ehefrau rabiat und ohne allzu zwingende narrative Motivation aus dem Film zu entfernen), auch wieder komplett herunter, zum Beispiel, wenn die neue Frau in einer Bar eine unfassbare betrunkene-Verführerin-Nummer hinlegt, die zwar auch komplett erlogen ist, aber doch einiges zu fassen bekommt an der auf vitale Art kaputten Welt des Films. (Ein weiteres, filmisches Detail: Die wiederholten Faustschläge aus dem Off, die vor allem die Hauptfigur treffen, fast scheint es da stets so, als schlage die Kamera selbst zu).

Ganz am Ende, inmitten eines wieder im besten Sinne chaotischen Showdowns, wird doch noch einmal die Sache mit dem versprochenen zweiten Boxkampf aufgegriffen. Wenn allerdings die letzten Faustschläge des Helden umgedeutet werden zum sportlichen Comeback, dann rundet sich nichts ab; ganz im Gegenteil wird erst recht deutlich, dass gar nichts rund ist an dem Film, dass er sich ganz im Gegenteil mit Haut und Haaren dem Chaos verschrieben hat.

Ein Gedanke, noch keinerlei filmhistorischen (oder sonstigen) Belastungstests unterworfen: Das Kino hat nach dem zweiten Weltkrieg zwei Formen entwickelt, mit dem Verbrechen umzugehen, es aus der Gesellschaft heraus zu halten. Eine Form nimmt es als durchaus euphorisches Bild für das absolute Chaos (Karlson, Ferrara, Miike), die andere ganz im Gegenteil als Bild für eine besonders rigide, dystopische Ordnung (Melville, Coppola, To). Leider tendiert das Kino, Miike und Ferrara zum Trotz, im Ganzen zur zweiten Variante.


Wieder ein kompletter change of pace. The Young Doctors ist ein unaufgeregt inszenierter, von ganz viel B-Movie-Routine bevölkerter Krankenhausfilm, der zunächst Schlimmes verspricht. Die fast schon spektakulär unsympathische Hauptfigur ist ein junger Arzt, der „frischen Wind“ in die Pathologiestation eines Krankenhauses bringen will, die bisher von einem einst knorrigen, jetzt eher porösen Oldschoolarzt (heißt natürlich auch: Oldschoolsexist) geleitet wurde. Den „frischen Wind“ könnte man allerdings auch „kalter Hauch des Verzichts“ nennen – nicht einmal mehr beim Obduzieren darf geraucht werden!


Der satirisch gemeinte Generationenkonflikt ist offensichtlich Karlsons Sache nicht. Die schnell anlaufenden Liebesgeschichten schon eher – zumindest eine Schlittschuhlaufszene ist sehr schön, beim auf-die-Fresse-Fallen-und-dann-dumm-Grinsen findet auch der junge Streber zu sich selbst. Richtig in Fahrt kommt der Film aber erst, wenn, etwas später, die Melodramen überhand nehmen dürfen (ganz materialistisch geht es da um amputierte Körperteile, Bluttransfusionen, Organisches). Rohe, auch in ihren humanistischen Varianten zum Asozialen tendierende Emotionen: Das ist offensichtlich Karlsons Sache.