Wednesday, September 10, 2014

Return from the Ashes, J. Lee Thompson, 1965

Die offensichtlichste der vielen Spuren, die Christian Petzolds Phoenix (der mich tief beeindruckt hat) in die Filmgeschichte legt: Die erste Verfilmung von "Le retour des cendres", eines weithin obskuren Romans des französischen Krimischriftstellers Hubert Monteilhet, gleichzeitig einer der letzten Filme, die J. Lee Thompson in Großbritannien drehte, bevor er endgültig in die USA übersiedelte. Die Nina-Hoss-Rolle übernimmt Ingrid Thulin (was natürlich gleich eine weitere Spur legt, zu Bergman).

Eine vielleicht entscheidende Differenz: Wo in Phoenix die Tätowierung aus Auschwitz, die körperliche Manifestierung der Entmenschlichung, erst in der letzten Szene auf dem Arm der Rückkehrerin sichtbar wird, taucht die entsprechende Markierung auf Thulins Arm ganz am Anfang von Return from the Ashes auf, während der Zugfahrt, die die Überlebende in ihre (in diesem Fall französische) Heimatstadt zurückbringt. Die Mitfahrenden sind gerade dabei, sie zu attackieren, weil sie nicht verhindert hat, dass ein Kind aus dem fahrenden Zug fällt; beim Anblick der blauen Zahlen weichen sie verstört zurück. Der Schock sitzt, natürlich auch beim Kinozuschauer, für den die Enthüllung eigentlich inszeniert ist. Wenn Nina Hoss ihr Tattoo enthüllt, wissen die Kinzuschauer längst Bescheid, ihr geht es um einen intimen Akt, der nur Ronald Zehrfelds Figur gilt. (Oder genauer: um einen Akt, der die Unmöglichkeit von Intimität bezeichnet).

Ein runder Film ist Return from the Ashes nicht; und er ist auch nicht, wie der von Petzold, auf eine wirklich intelligente Weise unrund. Die Auschwitzrückkehrgeschichte ist ein Gimmick, der sich fast schon in der ersten Szene im Zug erschöpft hat, der dann immer weiter in den Hintergrund rückt, und schließlich vom Film, vielleicht sogar von den Figuren selbst vergessen werden zu scheint. Statt dessen entspinnt sich ein Eifersuchtsdreieckkrimipsychodrama zwischen der Thulin, ihrem Mann (Maximilian Schell) und - eine Figur, die Petzold ganz gestrichen hat - ihrer Stieftochter (Samantha Eggar). 

Schell und Eggar spielen ziemlich enthemmt bis überspannt, das spitzt sich zu in einer fetischintensiven und aus Showmanperspektive schon ziemlich super inszenierten Badezimmerszene, Weit mehr noch als bei Petzold reduziert sich der Film auf ein Kammerspiel, die Räume sind bühnenartig gebaut und die widescreen-Kompositionen immer wieder mit etwas zu viel Schrott vollgestellt, Dass der Film seiner eigenen Prämisse misstraut und dann einfach etwas ganz anderes macht, dass er in dieses andere dann viel Energie investiert, dass diese Energie dann allerdings seltsam exzessiv wirkt, der Handlung äußerlich bleibt, weil einerseits die Figuren unterdefiniert bleiben, andererseits der Krimiplot allzu mechanisch angelegt ist: all das führt dazu, dass Return from the Ashes am Ende doch wieder ein ziemlich interessanter Film ist.


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