Monday, November 18, 2013

Vier Puppen

Otto Preminger hat The Moon Is Blue und Die Jungfrau auf dem Dach 1953 direkt hintereinander mit unterschiedlichen Schauspielern in den gleichen Sets und fast durchweg in den gleichen Einstellungsfolgen gedreht. Sich die beiden Filme dann auch direkt hintereinander anzusehen ist sonderbar. Erwartbarerweise erhält der zweite, der deutschsprachige, der William Holden durch Hardy Krüger, Maggie McNamara durch Johanna Matz, David Niven durch Johannes Heesters ersetzt (der erste Austausch ist der unvorteilhafteste für die deutsche Version) etwas Mechanisches; als ob die Figuren sich in immer-schon-Vorgeprägtes fügen, manchmal sich der Prägung ergeben, manchmal an ihr scheitern (warum kann Heesters Matz nicht so überzeugend festhalten wie Holden McNamara?). Die kleine Differenz verwandelt die Wiederholung in ein Zwangssystem.

Dass Verschiedene auf Gleiches (immer exakt) gleich reagieren, ist keine schöne Vorstellung (und sie passt eigentlich auch nicht zu Preminger), dennoch erhält der Film gerade in seiner differenziellen Dopplung ein Moment gesellschaftlicher Wahrheit. Und zwar in der Eröffnungssequenz: Noch bevor sie das Empire State Building besteigen (das seinerseits als Dopplung auf einem Plakat das erste Mal auftaucht), treffen sich der Mann und die Frau unten auf der Straße, vor Schaufensterfassaden. Sie stehen da einen Moment neben einer Auslage, vermutlich für ein Kleidergeschäft, in dem zwei Puppen als Hochzeitspaar drapiert sind. The Moon Is Blue und Die Jungfrau auf dem Dach sind auch Filme über die romantische Liebe in Zeiten der Massenproduktion. Liebe muss dabei nicht nur - in einem gewissen Rahmen - normiert, sondern auch wiederholbar gemacht werden, bezogen aufs gesellschaftliche Ganze ebenso wie bezogen auf die individuelle Biografie. In den Filmen geht es vor allem darum, zu lernen, dass Küsse wiederholbar und deshalb auch zurücknehmbar sind.






Darüber hinaus scheint der zweite Film aber auch das sichtbar zu machen, was am ersten schon etwas zu mechanisch war. Die Frau, die erst eine Olive in den Mund gesteckt bekommt, dann seinen Mantel in die Hand gedrückt, dann den Knopf, den sie ihm annähen soll. Das Anspruchsdenken der Männer, die denken für eine Olive einen Knopf angenäht, für 600 Dollar Dankbarkeit, für 1,20 Dollar und "Ich liebe Dich" Ergebenheit zu erhalten. Die Frauen, die zwar einiges Durchschauen, aber doch eigentlich jeden einzelnen Deal schon angenommen haben, bevor er auch nur vorgeschlagen wurde.

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