Monday, May 30, 2011

The Descent: Part 2, Jon Harris, GB

Für das Genrefilmpublikum ist das Sequel nur ein Sonderfall einer allgemeinen Regel: es hat immer einen vorherigen Film gegeben, immer ein vorheriges Monster, immer vorheriges Blut, vorherigen Schrecken, vorherige Angst. Trotzdem geht man wieder ins Kino (oder wie in diesem Fall: legt eine neue Bluray ein und verdunkelt das Zimmer). Was zuerst nach einem easy paycheck für einen faulen Drehbuchschreiber aussieht, ist vielleicht eher eine Reflektion auf diese Situation: Die eine Frau, die mit Müh und Not dem Höhlensystem und ihren untoten Verfolgern entkommen ist (wobei der erste Teil eher ambivalent war, was das Entkommen angeht), leidet unter Amnesie und wird gleich im Krankenhaus zwangsrekrutiert, wird wieder unter die Erde geschickt, mit einigen Helfern, schließlich könnte es weitere Überlebende geben. Das funktioniert großartig: eine Hauptfigur, die schon von Anfang an völlig verängstigt, traumatisiert ist, die hinter jeder Ecke einen neuen Schrecken vermutet, ohne genau zu wissen, worin der bestehen könnte und die dann gleichzeitig von ihrer Erinnerung und von der realen Wiederkehr der Monstren heimgesucht wird. Auch in anderer Weise schreibt der Film seinen Vorgänger direkt in sich ein (stellt sich selbst dadurch offensiv als abgeleitet, als bloßen Nachhall aus): Andere Mitglieder der Expedition finden eine Videokamera, auf der Szenen der vorherigen Attacke aufgezeichnet sind, sie erschauern doppelt, vor dem Filmbild und vor dessen Materialisierung. The Descent: Part 2 ist ein Film, der sich seine eigene Nachträglichkeit als ästhetisches Prinzip setzt (zumindest in der ersten Stunde, danach will er selbst eine Geschichte erzählen, das ist, wiewohl weiterhin effektiv, weit weniger interessant). Die einzelnen Mitglieder der Expedition sind bald in alle Himmelsrichtungen verstreut, allein in engen Gängen, werden heimgesucht von etwas, das gleichzeitig inner- und außerhalb des Films bleibt, sie sind doppelt gefangen, in einem anderen Film und in ihrem eigenen. Ein sonderbares Halbdunkel, das Orientierung nicht ganz verunmöglicht, aber doch demobilisierend wirkt, prägt The Descent: Part 2 in visueller Hinsicht; eine Ausleuchtung wie im Kinosaal, da ist die einzig relevante Lichtquelle das Leuchten der fiktionalen Welt, die doch erst der Grund ist, sich von der realen abzusondern. Woher das Licht in The Descent: Part 2 kommt, vor dem sich bald schemenhaft die blinden Unholde abzeichnen, wie es sich in das düstere Höhlenlabyrinth verirrt hat, ist nicht immer ganz klar. Manchmal scheint es, als sei es das Licht des ersten Films selbst, das auf den Gesichtern und von den engen Wänden widerscheint.

2 comments:

Rajko Burchardt said...

...und heller strahlt als jedes Höhlenkerzenlichtlein dieses tatsächlich gänzlich im Vorgänger gefangenen (und deshalb nicht unbedingt interessanteren) Nachklapps auf DTV-Niveau.

Lukas Foerster said...

hat mir ja gerade in seiner unbedingten Gefangenschaft ziemlich gut gefallen, das. Ich kann natürlich andererseits jeden sehr gut verstehen, der das anders sieht. Hätte ich den selber im Kino gesehen anstatt zu hause, hätte er vielleicht auch mich eher genervt.