Sunday, January 30, 2011

IFF Rotterdam 2011: Story of Wong Fei-hung, Part 1: Wong Fei-hung's Whip That Smacks the Candle, Wu Pang, 1949

Den einen Film, den ich auf keinen Fall verpassen wollte, habe ich glücklicherweise bereits am zweiten Tag sehen können: Wu Pangs Gründungstext des modernen Martial-Arts-Kinos, der erste Spielfilm, der professionelle Kampfkünstler besetzte und gleichzeitig auf physikalische Glaubwürdigkeit in den Actionszenen Wert legte.
Ein schöner Film ist der erste Teil der längsten Kinoserie überhaupt außerdem. Wu Pang setzt jede Menge Kulturtradition ins Bild, am Anfang einen Drachentanz, sehr ausführlich, später dann noch einen etwas schlüpfrigen Trauergesang, ebenso ausführlich, mit grundsympathsicher Ernsthaftigkeit wird Kung Fu als tradiertes Handwerk vorgestellt; aber gleichzeitig entwickelt sich trotzdem eine dynamische Räuberpistole, die sich für Berufsethos und ähnliche moralische Kategorien nur als Katalysator interessiert. Nach dem traditionsbewußten Anfang öffnen sich sehr schnell die Falltüren, die Treppen werden ihrer Geländer entledigt, Schlangen züngeln. Dazwischen schöne Hongkong-Romance: Augenklimpern, Schäkern, an-der-Tür-Lauschen, sogar Fesselspiele im Bordell konnte man Ende der Vierziger Jahre in den Kinos der Kronkolonie schon bestaunen.
Interessantes Figurenpanorama, selbst das Kanonenfutter in den Nebenrollen hat Individualität und nicht nur in der Gesichtsbehaarung, Kwan Tak-hing wirkt schon im ersten der 99 Filme wie der alte Master, der seine Jungs im Griff hat und auch über ein entblößtes Frauenbein höchstens ein ganz kleines bisschen stolpert ("Let's agree to be like father and daughter" osä). Die Kämpfe selber sind zwar angemessen schnell und schon hier nicht mal ganz unbedingt funktional gefilmt, sie können ihre Choreografie allerdings noch nicht allzu gut verstecken, manches sieht aus nach Kung-Fu-Showturnieren, beispielsweise rollen sich alle Darsteller korrekt ab, wenn sie zu Boden gehen.
Trotz aller Schauwerte ist da aber vor allem eine narrative Ökonomie, wie es sie im Kino schon lange nicht mehr gibt (nicht zuletzt deshalb begeistern mich so viele Fernsehserien). In 72 Minuten werden zwei vollständige, voneinander ziemlich unabhängige Geschichten erzählt. Dass der Film Ähnlichkeiten zu den Serialproduktionen Hollywoods aufweist, erkennt man schon vor dem dreisten Cliffhanger, der auf einen zweiten Teil verweist, auf den ich, so steht zu befürchten, deutlich länger warten werden muss als das Kinopublikum Hongkongs 1949.

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