Monday, January 31, 2011

IFF Rotterdam 2011: Hot as Hell: The Deadbeat March, Yosuke Okuda, 2010

Ein sehr schöner No-Budget-Gangsterfilm, der im schlampigen Programmtext (sogar die Inhaltsangabe ist falsch) vage und unnötigerweise mit Johnnie To und Tarantino in Verbindung gebracht wird. Über mehrere Handlungsstränge akkumulierte Dummheit verstärkt durch dumme Zufälle führt nahe an den Abgrund und nur deshalb dann wieder zurück in den Alltag, weil der ohnehin erbärmlich ist. "Du bist es nicht einmal wert, getötet zu werden" heißt das für Ippei Yamada, oder auch: zurück zum Brotjob, Wasserzähler ablesen und Wasserfluss in Wasserhähnen kontrollieren. In zehn Jahren winkt vielleicht die Seniorität. Herablassend ist der Blick des Films auf Ippei dennoch nie. Es gibt kein bürgerliches oder mondänes (der oberste Gangster, der auftaucht, ist auch nur ein klein bisschen schlauer als die anderen und seine Takeshi-Kitano-Attitüde fürchterlich aufgesetzt) Außen dieser Schrottwelt, zumindest keines, das erstrebenswert wäre.
Man muss nicht jede Wendung dieses zugegebenermaßen in seinem Humor doch etwas Tarantino-verseuchten Erstlingsfilm mitmachen, um zu erkennen, dass da niemand vorgeführt wird. Der Humor stellt sich nie gegen das sozialrealistische Moment; als Genrefilm funktioniert das alles zwar auch irgedwie, aber im Kleinen, in Begegnungen und Gesprächen in Kneipen zum Beispiel, findet Hot as Hell zu sich selbst. Wie die Verlorenen ihr Verloren-sein zu kaschieren suchen, theatralisieren, wie sie sich auch immer wieder gegenseitig ineinander erkennen und wie daraus trotzdem keine Gemeinschaftserzählung werden kann, weil die kommunikativen und sonstigen Mittel einfach nicht für eine Solidarisierung, die übers gemeinsame Saufen und Koksen herausgehen würde, ausreichen: Stets sind das nur kurze Szenen, aber schon in den begeisterten Begrüßungen und verlegenen Verabschiedungen feindet man so viel mehr Welt und Filmintelligenz als im slicken Festivalförderkino, vor dem man leider auch in Rotterdam nicht sicher ist. Da baut einer aus den Bausteinen einer Welt, die er kennt, eine zugespitzte und ein wenig ins kulturelle Imaginäre verschobene Version derselben zusammen.
Es dauert eine Weile, bevor Ippei überhaupt das erste Mal auftaucht. Davor bringen die beiden dümmsten von allen, die ewig zugekoksten Tetsuo und Saburo, die Sache in Schwung. Wunderbar ist vor allem die Szene, in der die beiden (wie die anderen sehr dezidiert Nicht-Schauspieler) im Auto auf einen Deal warten, der natürlich schiefgehen wird und währenddessen zu einem sonderbaren Popsong / Kinderlied (?) grölen. Yosuke Okudas Mise en scene lässt sich auch von den bizarrsten Grimassen Saburos und dem wildesten Gehampel nicht aus der Ruhe bringen lassen. Gelungen ist der Film auch deswegen: Weil er sein nicht vorhandenes Büdget nicht als Ausrede nimmt für dumme Bilder, weil er seine Szenen ordentlich auflöst, weil man erkennt, in was für einer Welt sich die Figuren bewegen und wie sie sich zu ihr verhalten. Okuda selber hat ebenfalls eine zentrale Rolle, seine Figur wirkt von allen am authentischsten. Und sie erwischt es am Ende am schlimmsten.

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