Monday, November 15, 2010

Pickup, Hugo Haas, 1951

Ich hatte mir das Kino von Hugo Haas wilder vorgestellt, weiter entfernt in ästhetischer wie dramaturgischer Hinsicht vom Studio-Mainstream. Sein geringes Budget sieht man Pickup zum Beispiel nur insofern an, als dass sehr wenige Sets und verhältnismäßig wenige Darsteller auftauchen, ansonsten ist alles sehr smooth. Die kleine Noir-Erzählung um einen braven, osteuropäischen Immigranten und die blonde all-american-Slut ist nicht High Camp, doch das hat sie auch gar nicht nötig; sie entwickelt einen ganz eigenen Reiz. Am Anfang hält die Blondine den Hund im Arm, den sich der Immigrant kaufen will, er kauft dann statt dessen die Blondine. Am Ende ist Blondie verscheucht, er hält den Hund in seinen Armen. Eine perfekte Substitution, keine Frage. Die Verwicklungen dazwischen hat sich Hugo Haas, der die Hauptrolle selber spielt, garantiert nur ausgedacht, damit es eine halbwegs glaubwürdige Rechtfertigung für eine masochistische Fetischanordnung aus dem Bilderbuch gibt: Die Blondine beschimpft den Immigranten (also Haas, den Regisseur) aufs Übelste, der hört jedes Wort, kann sich aber nicht wehren, weil sie ihn für taub hält. Ohne Zweifel sind beide und auch alle Nebenfiguren komplett durchgeknallt, aber eben nur ein bisschen. Oder vielleicht: erst seit kurzem. Vielleicht waren der Immigrant, die Blondine, der junge Rivale, der "Professor" vor nicht allzu langer Zeit noch ganz normale Menschen - und ein wenig erinnern sie sich immer noch daran, wie es damals war. Durchgeknallt, aber auf eine bodenständige Art und Weise, das sind die Figuren, das ist die ganze Unternehmung. Ein Film, der sich damit begnügt, einen sehr privaten Fetisch ins Bild zu setzen und der ansonsten ganz unambitioniert populäres Kino sein will: Das hat mir dann doch ziemlich gut gefallen.

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