Thursday, September 16, 2010

Monsters, Gareth Edwards, 2010

Im fantastischen Kino gibt es Filme, die eher an der Welt interessiert sind, die sie konstruieren, ihren Eigengesetzlichkeiten, ihrem allegorischen Potential und so weiter. Anderen Filme ist die Welt eher ein Vorwand; eigentlich interessieren sie sich für anderes, für eine Geschichte meistens und für die Figuren in der Geschichte, auch für andere Attraktionen natürlich, für Spektakel, seltener für Ideen. Monsters ist der sonderbare Fall eines fantastischen Films, der weder für die Welt, die er konstruiert, noch für die Geschichte und die Figuren sonderliches Interesse zeigt.
Das Setting ist erst einmal nicht uninteressant: Aliens sind einige Jahre, bevor der Film einsetzt, auf der Erde gelandet; ausnahmsweise nicht in den USA, sondern etwas südlicher in Mexiko. Der nördliche Teil des Landes wurde zur „infected zone“ erklärt, sowohl die USA, als auch Restmexiko errichteten Grenzanlagen, erstere Nation macht außerdem regelmäßig mit Militärflugzeugen Jagd auf die Riesenquallen. Es gibt in dieser Konstruktion naheliegende Parallelen zu den Migrationsdebatten, auf die der Film auch immer mal wieder recht vage hinweist. Aber besonders am Herzen scheint ihm das alles nicht zu liegen. Nicht die Natur der Monster (die irgendwie mit dem mexikanischen Ökosystem zu interagieren scheinen), erst recht nicht, wie man sie wieder loswerden könnte und auch nicht irgendwelche politischen Fragen. Glaubwürdig ist diese Welt zwar irgendwie schon, aber eben nur insoweit, wie sie auf fantastische Überformung fast vollkommen verzichtet, sei es in Hinsicht auf Textur, auf Technologie oder auf Gesellschaftlichem.
Die Geschichte selbst ist simpel. Samantha und Andrew, zwei junge Amerikaner, die lediglich mit den allernotwendigsten biografischen Angaben (inklusive einiger Komplikationen, die eine sofortige Paarbildung verhindern) versehen werden, wollen von Restmexiko in die USA und also irgendwie die infected zone überbrücken. Nachdem der ursprüngliche Plan einer Schiffsüberfahrt scheitert, wagen sie sich mit einigen, wenig vertrauenserweckenden Begleitern auf den Landweg.
Der Rest des Films ist Reise und kommt fast schon irritierend unaufgeregt daher.
Einen dramatischen Inhalt im eigentlichen Sinne hat der Film schlichtweg nicht. Und auf das bisschen konventionellen Handlungsablauf, das es doch gibt, verschwendet er noch weniger Sorgfalt als auf das world building. Nicht nur bleiben so elementare Fragen unbeantwortet wie die, warum die beiden Helden sich keine Flugtickets kaufen können (mag sein, dass es doch eine Erklärung gab und ich sie überhört habe). Auch das, was die Figuren statt dessen machen, ergibt nicht immer Sinn. So äußert die sonst durchaus zickige Samantha nicht den leistesten Unmut über die Tatsache, dass Andrew ihre Chance auf eine sichere Bootspassage durch ein One-Night-Stand in der Hafenstadt zunichte macht. Und Andrew selbst ist ohnehin eine komische Gestalt. Ein Fotoreporter (die Figur ist ein leises, allerdings völlig entpolitisiertes Echo auf James Woods in Oliver Stones Salvador) mit reichlich unbeholfenen Macho-Allüren und einem sechsjährigen Sohn in der Heimat. Nicht selten redet er kompletten Stuss daher („Funny word: biologist“, „Change of topic: do You like pets?“, auch sonst machen die Dialoge oft genug einen derangierten Eindruck) und macht überhaupt einen extrem vertrottelten Eindruck. Und es sieht nicht so aus, als sei dieser Eindruck vom Film beabsichtigt – zumindest nicht in diesem Ausmaß.
Auch die Monster, die der werbetechnisch gewitzte Filmtitel gleich in den Plural setzt, schauen nur selten vorbei. Sicher ist dafür das geringe Budget verantwortlich. Im Grunde gibt es nur eine einzige richtige Monsterszene mit reichlich CGI, ansonsten tauchen höchstens Mal einige Tentakel vor der Windschutzscheibe oder Gummiquallen im Fernsehen auf.
Echte Actionszenen gibt es gleich überhaupt keine. Der neue Cloverfield, als der er nach Veröffentlichung des ersten Trailers bereits gehandelt wurde, wird Monsters deshalb mit ziemlicher Sicherheit nicht werden. Wenigstens ein bisschen Krawall – und sei er, wie in District 9 auch noch so hässlich und unbeholfen runtergefilmt – braucht ein Film dieses Genres einfach, um an die ganz großen Dollars zu kommen.
Außerdem ist Monsters schlicht und einfach ein zu guter Film. Ein zu schöner Film, um genau zu sein. Alles ist wie nebenbei gefilmt, mal dringt ein wenig Natur, mal ein Hauch von Ethnografie in die Bilder, aber nie eine große Behauptung oder ein dramaturgisches Klischee. Jedem neuen Setting nähert sich die Kamera vorsichtig und nie scheint sie schon immer vorher zu wissen, wie man Figur und Hintergrund kombinieren muss, um maximale Effekte zu erzielen.
Wenn sie nicht die ödeste aller Fragen wäre, müsste man sie in diesem Fall fast stellen: Für wen ist dieser Film gedreht? Und die Antwort könnte vielleicht lauten: Für alle, die an langweiligen Kunstfilmen nicht den Kunstwillen, sondern die Langeweile schätzen. Und eine dieser seltenen Kreaturen wäre dann wohl ich.

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