Tuesday, March 23, 2010

Fame Is the Spur, Roy Boulting, 1947

Britische Großproduktion aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, ein kritisches Politikerportrait aus links-sozialdemokratischer bis sozialistischer Perspektive, ein Dokument auch der im Nachkriegsengland aufscheinenden Möglichkeit, Parlamentarismus und Sozialrevolution zu verbinden.
Ein Arbeiterkind, das schon in seiner Kindheit nicht das richtige Verhältnis findet zum Rattenverkäufer, dem kapitalistischen Selm-made-man, der später erst sein Chef wird und dann sein Gönner. Fast schon expressionistische Schattenmalereien im Arbeiter-Ghetto. Dann der Eintritt in die Politik, an der Seite des unbeholfenen, ehrlichen Arbeiterführers, seine Reden im messianischen Stil, seine Verachtung für die späteren Weggefährten, die Klassenfeinde. Bald ist es ein schön ausgeleuchtetes Leben, aber das eigene Verhältnis zur Arbeiterschaft ist schnell nur noch als ein strikt hierarchisches denkbar. Und es ist durchaus die Frage, ob der Film als Ganzes da so viel anders denkt oder ob er sich nicht doch nur nach einem charakterlich integereren Anführer sehnt.
Ein großer Entwurf, ausgebreitet über mehrere Jahrzehnte. Die im feudalen Denken gefangenen Tories des 19. Jahrhunderts, Frauenrechtsbewegung in der eigenen Familie, erster Weltkrieg, Krankheit, Psychopathologien der Gesellschaft projiziert auf Psychopathologien des Individuums. Ein cautionary tale, gemünzt wohl vor allem auf Ramsay MacDonald, einen Labour-Präsidenten der Zwischenkriegszeit. Ob da außerhalb der MacDonald'schen Psyche noch etwas anderes falsch gelaufen sein könnte, danach wagt der Film dann doch nicht mehr so richtig zu fragen. Kein unproblematischer Film, aber einer voller Ideen und einer nicht immer zielgerichteten, nicht immer ökonomisch eingesetzten dramaturgischen Wucht. Und wenn am Ende die Geister der Vergangenheit ins herrschaftliche Anwesen eindringen, das hat schon was. Die Boultings sind, nach den vier Filmen, die ich von ihnen gesehen habe, zu urteilen, zu den herausragenden Protagonisten eines klassischen europäischen, am politischen Tagesdiskurs aktiv partizipierenden Qualitätskins zu zählen, das von der Filmgeschichte zu Unrecht und leider immer noch ziemlich nachhaltig diskreditiert wurde.

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