Wednesday, June 28, 2006

Dong / The Hole, Tsai Ming-liang, 1998

Das unglaublich schöne, in charmantester Weise campige Musical The Hole ist die logische Weiterentwicklung Tsai Ming-liangs vorheriger Filme. Waren Wasser und andere Flüssigkeiten in Vive L'Amour noch sparsam und gezielt eingesetzt, dass eine allegorisch bzw. symbolische Lesart möglich schien - obwohl eine genaue Analyse wohl bereits hier die Schwierigkeiten eines solchen Ansatzes offenlegen würde - zeigte bereits The River, dass Tsais Wasserobsession mit Formeln wie "bedeutet" oder "steht für" nicht mehr beizukommen sein wird; Zu deutlich rückt das flüssige Element in den Mittelpunkt aller Beziehungen und der filmischen Mise-en-scene. The Hole schließlich macht endgültig alles nass. Bereits anfangs regnet es immer und überall, das Wasser denkt gar nicht daran, vor Wänden oder Decken halt zu machen, dringt in jede Pore des Hauses, in dem die beiden Hauptfiguren ihre absonderliche Beziehung pflegen und alsbald auch in jeden Bildkader. Das Wasser erobert immer mehr Raum, dringt schließlich auch in die zuerst hermetisch von der Handlung abgeriegelten - und deshalb trockenen - Musicalsequenzen und erobert innerhalb der Diegese Zimmer um Zimmer.
Keine Allegorien, keine Metaphern, sondern Funktionen. Kuei Mei-yang sitzt auf der Toilette und fängt gleichzeitig in einer Wanne, die sie über ihrem Kopf festhält, das Wasser, welches durch die Decke tropft. Kang Sheng-lee erweitert das Loch zwischen seiner und Kueis Wohnung mithilfe iner Konstruktion, die einem Buster Keaton Film entsprungen zu sein scheint. Wundersame Transaktionen zwischen Flüssigkeiten, Körpern und Löchern allenthalben. Symbole braucht hier wirklich keiner mehr.
Stattdessen verwandelt sich das gesamte Arrangement im Laufe der Zeit in eine Art abstrakten Porno. Die meisten der Filme Tsai Ming-liangs finden ihren Höhepunkt in einer Sexszene. The Hole ist ein einziger Geschlechtsakt. Das einzige, was man daran aussetzen kann, ist, dass die Frau die ganze Zeit unten liegt. 95 Minuten Missionarstellung. Ganz am Ende wird jedoch auch für dieses Problem eine Lösung gefunden.

Gojira tai Hedora / Godzilla vs. The Smog Monster, Yoshimitsu Banno, 1971

Die Umweltskandale der 70er Jahre hatten in Japan zumindest eine positive Nebenwirkung. 1971 drehte Yoshimitsu Banno den großartigsten, durchgeknalltesten aller Godzillafilme. Banno selbst ist eine recht mysteriöse Figur, arbeitete zuerst unter dem großen Ishiro Honda als Regieassistent und wurde nach seinem ersten eigenen großen Projekt kaltgestellt. Heute arbeitet er wohl an der Konstruktion eines japanischen Imax Kontrahenten und aber auch wundersamerweise an einem Godzilla Film für eben dieses Projekt, der angeblich wieder ein Hedora-ähnliches Monster auffahren soll.
Sollte dieses Projekt scheitern, schreibt ihn jedoch Gojira tai Hedora bereits hinreichend in die Filmgeschichte ein. Die einmalige Mischung aus Holzhammermoral, Hippiechique, phantasievollen, überschäumenden Avantgardetechniken und naivem Monstertrash ist vor allem deshalb so grandios, weil sich all diese äußerst disparate Elemente perfekt ergänzen.
Die Toho-Monsterfilme der 70er Jahre neigen oft zu stilistischen Experimenten und zeichnen sich durch höchste Campkompatibilität aus. Gojira tai Hedora gelingt es jedoch mühelos, die gesamte Konkurrenz um Längen zu distanzieren. Grafische Pattern von psychedelischen Rockpartys finden ihre Entsprechung in den Mustern, die Industriemüll im Meer hinterlässt, animierte Sequenzen brechen immer wieder über die Handlung herein, wilde Farbwechsel, Halluzinationen der Hauptfiguren, der unglaubliche Titelsong "Save the World", überhaupt eine extrem seltsame, so gar nicht monsterfilmbombastische Filmmusik und vieles mehr erschaffen ein absolut unglaubliches Ambiente, das sich jedoch nie in Beliebigkeit auflöst. Die ordnende Hand Bannos ist immer spürbar, auch wenn die entstehende Ordnung durchaus gewöhnungsbedüftig ist.
Der zweite Teil des Films ist näher am klassischen Monsterfilm, dennoch brechen immer wieder wilde Phantasien und unglaubliche Drehbucheinfälle in die Handlung. Zu letzteren gehört das wohl bekannteste Feature des Films, welches sich ebenfalls absolut organisch in den Gesamtfilm einfügt: Godzilla fliegt.

Friday, June 23, 2006

The World, Jia Zhang-Ke, 2005

The World etabliert ein stilistisches Konzept, das in mancher Hinsicht von Jia Zhang-Kes vorherigen Filmen abweicht. Die Kamera ist mehr in Bewegung, in einigen Sequenzen sind die Schwenks und Fahrten sehr dynamisch und wirken weit weniger kalkuliert als etwa in Unknown Pleasures. Wirklich subjektivierend wird die Kamera selten eingesetzt, doch einige Einstellungen bleiben in einem Schwebezustand oder wechseln fließend zwischen subjektivem und objektiven Blick, wenn etwa ein Schwenk durch einen Blick motiviert wird, die Kamera aber anschließend nicht mehr zum Blicksursprung zurückkehrt, oder ein Auto, das lange in der Mitte der Leinwand auf einer Strasse fahrend gezeigt wird, plötzlich links aus dem Bild gedrängt wird. Dieser heterogene Stil wirkt jedoch nicht irritierend, im Sinne einer Sichtbarmachung des Apparats, sondern trägt konstitutiv zu der beeindruckenden sinnlichen Erfahrung des Filmes bei, da die Abweichungen von der „objektiven“ Norm nie deutlich ausgestellt werden, sondern sich mit anderen Elementen des Films verbinden.
Zu obigem sinnlichen Erleben trägt auch die Soundspur bei. Die Melodie des diegetisch begründeten Karaokeliedes etwa springt über in den nichtdiegetische Soundtrack. Immer wieder werden einzelne Motive, visuell oder akustisch, aus ihrem Zusammenhang gelöst und tauchen an anderer Stelle wieder auf; besonders deutlich wird dies in den handygetriggerten Animationssequenzen.
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Der Park, in dem die Protagonisten leben und arbeiten, stellt in vieler Hinsicht den Traum aller Globalisierungseuphoriker dar, die das globale Dorf herbeireden und alle zeitlichen und räumlichen Grenzen aufzuheben können glauben. Die Schwebebahn, die die einzelnen Attraktionen verbindet wird zum eigentlichen Ort dieser Utopie, doch sobald die Menschen dieses Gefährt jenseits der Geschichte verlassen, treten sie wieder in den sozialen Zusammenhang und problematisieren damit den Traum vom Ende aller Differenz. Die Gespräche der Angestellten des Parks, die stets lokal spezifisch bleiben, lassen die europäischen und amerikanischen Monumente lächerlich wirken. Noch deutlicher bricht diese Utopie in sich zusammen, wenn reale Differenzen, etwa sprachlicher Natur mit den Versprechen des Parks konfrontiert werden.
Das Ende des Films führt weg aus dem Weltpark und in ein Fabrikgelände, welches den beiden Hauptfiguren möglicherweise die Gelegenheit für einen Neuanfang bietet. Ein Neuanfang an der Städte der realen Produktion, die an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz so gut versteckt zu sein schien, sich aber im Laufe des Films immer deutlicher zu Wort meldet.

Thursday, June 22, 2006

Logisch...

Im Modus der Synchronous Monadic Simultaneity (Jameson) kommuniziert man - wenn überhaupt - natürlich nur per SMS.

Wednesday, June 21, 2006

Unknown Pleasures, Jia Zhang-Ke, 2002

Der Plot scheint einem Hong-Kong Melodram zu entstammen; Gangster, Herumtreiber mit hippen Frisuren, zweitklassige Sängerinnen und jede Menge unerfüllte Liebe.
Im Gegensatz zu den Figuren aus Zhang-Kes anderen Filmen sind die Protagonisten in Unknown Pleasures modern und urban, ohne ländlichen Background, wahrscheinlich Großstädter der zweiten oder dritten Generation. Auch die Optik des Films strebt zeiweilig in Richtung Hong-Kong, irgendwann findet sich sogar ein - freilich absichtlich unbeholfenes - Pulp Fiction-Zitat.
Die jugendlich-coole Oberfläche des Films bricht sich jedoch bereits an der Kameraführung, die den Platform- Stil kultiviert, mit kleinen subjektivierenden Ausbrüchen, die freilich noch weit entfernt sind von den organisch-sensuellen Plansequenzen aus The World. Und Zhang-Kes Peking ist nicht Hong-Kong, situiert sich zwischen Kleinstgeschäften, Industriebrache und spätkommunistischer Funktionalarchitektur. Das Backstage-cum-Gangster Melodram in diesem hybriden, im Umbruch begriffenden China strahlt, auch aufgrund der im Gegensatz zu etwa Platform deterritorialisierten, sich den Pforten der urbanen selbstironie nähernden Protagonisten, die gemeinsam mit der Kamera immer wieder versuchen, das zerteilte, heterogene Stadterlebnis wieder zu homogenisieren, durch lange ruhige Mofafahrten und Spaziergänge durch die Großstadt.
Am Ende dann der schäbigste Banküberfall der Filmgeschichte.

Thursday, June 15, 2006

S-21, la machine de mort Khmere rouge, Rithy Panh, 2003

S-21 arbeitet sich an den Folterungen und Morden der Roten Khmer mit unterschiedlichsten Methoden ab, die nicht darauf zielen, den Gegenstand sichtbar zu machen (dies wäre im Kontext des Werkes illusorisch), sondern damit beschäftigt sind, die Grundlage für einen wie auch immer gearteten Zugriff auf die Vergangenheit zu finden. Der Film ist sich dabei der Unmöglichkeit der direkten, unmittelbaren Repräsentation von Wirklichkeit schon alleine aufgrund der spezifischen Schwierigkeiten des Projekts bewusst. Nicht nur beschreibt der Film vergangene Ereignisse, von welchen kaum Bild- oder Tonaufnahmen vorhanden sind, sondern behandelt auch ein Thema, welches im heutigen Kambodscha, wie die ehemaligen Gefangenen selbst berichten, aus den Diskussionen der Öffentlichkeit verdrängt wird.
Zu Beginn benutzt Panh das klassische Idiom des Dokumentarfilms, Offkommentare, alte Filmaufnahmen und zeitgenössisches Musikmaterial. Doch bereits nach wenigen Minuten bricht diese erzählung ab und weicht einem offeneren Konzept.
Ein Versuch der Annäherung stellen Gemälde dar (die Comiczeichnungen relativ ähnlich erscheinen). Die spezifische Möglichkeit dieses Mediums scheint in gezielter Akzentuierung zu bestehen. In dem ersten Bild, das der ehemalige Gefangene malt, hebt er durch zusätzliche Färbung aus der Reihe der gefesselten Häftlinge eine Person heraus. Diese Figur wird nicht personalisiert sondern verdeutlicht nur die individuelle Perspektive, die in jeder Erzählung eingeschrieben ist, in den Gefangenenlisten jedoch ausgeblendet wird. Auch diese Strategie ist im Grunde filmisch, erinnert etwa an die Eröffnungssequenz aus Psycho.
Die ungewöhnlichste Methode, die der Film anwendet, um den Betroffenen Zugriff auf ihre eigene Geschichte zu gewähren, besteht jedoch in absurd erscheinenden Rollenspielen, in welchen die ehemaligen Wächtern ihren Tagesablauf während der Terrorzeit rekapitulieren, mit dem einzigen Unterschied, dass die Gefangenen diesmal abwesend sind. Die leeren Rituale und sinnlosen Gewaltandrohungen in den ehemaligen Gefängnissen, die nun unbewohnt leer stehenzeigen eindrucksvoll den Konstruktionsprozess, der nicht nur in der Gesamtgesellschaft sondern in jedem einzelnen Individuum nötig ist, um die eigene Existenz zu rechtfertigen. Die Retorik der Gewalt funktioniert auch ohne Objekt, ist auch nicht zwingend abhängig von einer spezifischen Körperlichkeit oder historischen Situation. Und diese Ansammlung und diskursive Anordnung scheinbar geschichtsloser Zeichen – die Wächterhandlungen könnten genauso in Ausschwitz oder in sowjetischen Gulags stattfinden – legt den Blick auf die Schwierigkeiten der historischen Repräsentation offen und bildet gleichzeitig, zumindest im Kontext dieses Filmes, die einzige Möglichkeit der Geschichtsschreibung jenseits teleologischer Modelle und bloßer individueller Erinnerung.

Tuesday, June 13, 2006

Tears of the Black Tiger (Fah talai jone), Wisit Sasanatieng, 2000

Dieser tatsächlich absolut unglaublicher Film läutete die Renaissance des thailändischen Kinos auf der internationalen Festivalbühne ein. Nicht nur ist Sasanatiengs Meisterwerk eine wunderbar campige Reise durch die Filmgeschichte, sondern auch durch die Filmtechnik. Von Melies gemalten Sonnenuntergängen bis zur - hier auf groteske Weise dekonstruierten - Matrix Bullettime ist alles vorhanden, stehen alle optische Tricks und Spielereien der Filmgeschichte sauber getrennt voneinander, entzaubert und gleichzeitig wunderbarer als je zuvor. Sogar die gute alte Rückprojektion während Autofahrten der Schwarz-Weiss Ära hat ihren kleinen Auftritt.
Dass ein Bollywoodstyle-Melodram im Italowesterngewand schon allein konzeptionell ein ziehmlich grandioser Blödsinn ist, kann wohl niemand in Frage stellen. Das wunderbarste an Tears of the Black Tiger ist jedoch die völlige Abwesenheit von Selbstreflexivität und offensichtlich parodistischer Elemente. Jede einzelne Einstellung, jede Sequenz, so bescheuert sie auch sein mag, bleibt dem stilistischen Konzept treu, ist mit derselben Liebe zum noch so kleinen Detail durchgestylt - und in diesem Falle heißt das vor allem: digital angemalt. Tears of the Black Tiger ist mit sicherheit einer der psychedelischsten Filme aller Zeiten.
Alles steht streng getrennt nebeneinander. Die Montage ist messerscharf, treibt die Logik des Melodrams zum Extrem. Tränen lösen scheinbar automatisch völlig hypotrophe Streicherklänge aus, die Farbdramaturgie und Figurenpsychologie sind sowieso eins.
Ein wunderbarer Film mit Erleuchtungspotential.

Sunday, June 11, 2006

Katja, Sarah, Jule

Wenn etwas an Christoph Hochhäuslers ansonsten wunderbaren Falscher Bekenner missfällt, so Nora von Waldstätten als Katja. Weniger prinzipiell als aufgrund der Tatsache, dass sie sich bedingungslos in das Frauenbild des jungen deutschen Films einpasst. Die Attribute sind: brünett, flache, lange Haare, Abwesenheit jedweder Extravaganz oder auch nur Individualität, extreme Passivität. Typ: Medizinstudentin erstes Semester.
Mal mehr mal weniger teilen diese Eigenschaften all die Jules, Sofies und Maggies (die Namen sind Programm), die die deutschen Leinwände in den letzten Jahren unsicher machen. Auch in den paar guten Filmen, die ab und an entstehen, finden sich diese taurigen Mädchen, am deutlichsten Gestalt nahm die neue deutsche Frau aber in dem schrecklichen Die fetten Jahre sind vorbei an, in Form von Jule, dieser deprimierendsten, passivsten Figur im Kino der letzten Jahre. Die Emanzipation ist scheinbar spurlos an diesen Neospiesserinnen vorbeigegangen, gelernt haben sie nichts, höchstens diejenigen Spielregeln des Kapitalismus, die eine opportunistische Genderpolitik innerhalb des Systems ermöglichen. Verloren gegangen sind dagegen Charme und Sinnlichkeit. Asexuelle Wesen, die natürlich selbst nicht haftbar gemacht werden müssen, schließlich sind ihre Regisseure fast ausschließlich - Männer.
Auch außerhalb des Films treiben sich diese traurige Gestalten herum, in ganz besonders ekligen Varianten in der deutschen Popmusik - Judith von Wir sind Helden ist vielleicht die schlimmste überhaupt, obwohl mit untypischer Haarfarbe...
Fast sehnt man sich nach den oft grenzdebilen Girlies Marke Makatsch / Potente zurück, die doch wenigstens ein klein wenig Leben in sich zu tragen schienen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Sarah Kuttner, die die geistige Leere des neuen Frauentyps in epischer Breite zelebrieren durfte, wird von Mtv vor die Tür gesetzt. Es gibt noch Hoffnung.

Monday, June 05, 2006

Angst, Gerald Kargl, 1983

Ein Ruf eilt diesem Film voraus und auf der DVD eine Einführung Jörg Buttgereits. Beides verspricht einen äußerst intensiven Serienmörderfilm, die Wiederentdeckung eines unverdientermaßen jahrelang in der Versenkung verschwundenen Genreperle. Nach dem Genuss des Films bleibe ich jedoch etwas ratlos zurück, kann mich der ersten Einschätzung noch halbwegs, der zweiten schon weit weniger anschließen.
Schon die erste Einstellung etabliert das bestimmende stilistische Idiom, die langsam und frei schwebende, allmächtige Kamera, die mit Vorliebe Aufsichten zeigt, oft Totalen und von einem unbedingten Kunstwillen geprägt ist. Bald darauf setzt der Voice-over Kommentar ein, zuerst schrecklich cheesy, doch das gibt sich schnell. Angst folgt seinem Helden, einem Serienkiller nach der Entlassung aus dem Knast, auf dem Weg zur neuen Beute, die er in einem Landhaus ausfindig macht. Kargl setzt zahlreiche subjektivierende Techniken ein, bricht sie jedoch vor allem durch die radikalität des Konzepts: größtenteils in Echtzeit wird erzählt und obwohl echte POV Shots Mangelware sind, fast immer aus der Perspektive des Psychos. Rückblenden oder sonstigen Schnickschnack gibts gar nicht, sondern nur den oben angesprochenen Voice-over Kommentar. Dieser Kommentar allerdings, der sicherlich zur bösartigen Atmosphäre ebenso beiträgt wie der sphärische Synthie-Soundtrack kann es nicht lassen, eine doch etwas schlappe Determinierung in das Geschehen einzuschreiben, selbst vor den gröbsten freudianischen Klischees macht Kargl nicht halt. Angeblich basiert der Kommentar auf tatsächlichen Aussagen von Sereienkillern, aber macht das die Sache besser? Kann mit diesem (doch vor allem erstmal werbewirksamen) "Realismus" auch erklärt werden, dass im Verlauf der Handlung auch noch Nekrophilie und Kannibalismus abgefeiert werden? Vielleicht liegt es daran, dass mich der ganze Serienkillerunsinn abseits des Kinos eigentlich scheissegal ist und mir deshalb auch offensichtlicher spekulative Schlächterepen a la Texas Chainsaw Massacre 1000mal lieber sind als Kargls semipornografischer Pseudonaturalismus.
Klar, Angst unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht vom tristen Gorehoundfutter der Guinea Pig Filme und Konsorten. Doch zumindest stellenweise kommt der Verdacht auf, dass der unterschied nur ein Gradueller ist. Kargls Film ist genauso vorhersehbar und bietet letzten Endes dieselben Gratifikationen. Beeindruckend ist das Ergebnis aufgrund der technischen Fertigkeit und Hingabe aller Beteiligten schon, einzelne Sequenzen sind auch tatsächlich von der versprochenen Intensität, doch der Film als Ganzes erscheint mir von einer strukturellen Ödniss geprägt, die manchmal tatsächlich in gähnender Langweile mündet.